PISA-Umfrage: Schweizer Lehrkräftemangel schwächt Unterricht

Für Infosperber, 8. Dezember 2023

Wo Lehrpersonen fehlen, schneiden Schülerinnen und Schüler deutlich schlechter ab. Die Schulleitungen fordern ein Umdenken.

Die Medienmitteilung der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren erwähnt es mit keinem Wort: Ergebnisse der eben veröffentlichten, jüngsten PISA-Studie zeigen, dass Schülerinnen und Schüler aus Schulen mit kritischem Lehrpersonenmangel statistisch signifikant schlechter abschnitten als Schülerinnen und Schüler aus Schulen ohne Lehrpersonenmangel. Dies zeigte eine Befragung der Schulleitungen von rund 200 Schweizer PISA-Schulen zum Lehrkräftemangel im Schuljahr 2021/22.

Das Problem dürfte heute grösser sein als beschrieben

Zudem stellten 42 Prozent der befragten Schulleitungen fest, dass der Mangel an Lehrpersonen den Unterricht beeinträchtigt. Für die Autoren ist dies «beachtlich». Thomas Minder, Präsident des Verbands Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz (VSLCH) ist nicht überrascht. «Das ist für uns nicht verwunderlich, wir verfolgen diese Entwicklung schon länger mit Sorge.» Der VSLCH unterstützt daher auch die Kampagne des Lehrpersonenverbands LCH, welche vor dem schleichenden Qualitätsverlust warnt.

Im Vergleich mit 2015 zeigt die Befragung, dass das Problem wächst: 2022 gaben deutlich mehr Schulleitungen an, dass der Unterricht an ihren Schulen unter der kritischen Personalsituation leide. 2015 gab bloss ein Prozent an, dass der Unterricht dadurch «sehr» beeinträchtigt sei. 28 Prozent gaben an, dies sei «bis zu einem gewissen Grad» der Fall. Sieben Jahre später, im Jahr 2022, gaben 36 Prozent an, der Unterricht werde «bis zu einem gewissen Grad» beeinträchtigt, und 6 Prozent, dass er sogar «sehr» beeinträchtigt werde. Zudem hat sich die Personalsituation seit der Befragung weiter verschärft. Das Problem dürfte heute also noch grösser sein.

Oberster Schulleiter wünscht Grundsatzdebatte

Was ist dagegen zu tun? Die verantwortlichen Forschenden schreiben im PISA-Bericht: Bei der Eindämmung des Lehrpersonenmangels sollte «zwingend darauf geachtet werden, dass jene Strategien bevorzugt werden, die gewährleisten, dass weiterhin nur gut qualifiziertes Lehrpersonal in den Schulen arbeitet.» Ansonsten drohe eine blosse Verschiebung des Problems.

VSLCH-Präsident Thomas Minder wünscht sich ein Umdenken: «Es geht nicht, dass jeder Kanton sein eigenes Süppchen kocht. Es reicht nicht, einfach ein bisschen an den Arbeitsbedingungen zu schrauben.» Jetzt würden überall alarmistisch schnelle Massnahmen gefordert. «Es braucht aber auch eine Grundsatzdiskussion mit längerfristigem Horizont. Wie soll unser Bildungssystem in zehn Jahren aussehen? Welche Lehrpersonenausbildung braucht es? Braucht es mehr Frühförderung? Wir machen immer noch viele Dinge aus Tradition, welche die Bildungsforschung als schädlich einstuft – zum Beispiel die Selektion nach der Primarschule.»

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