Im Spätsommer 2013 hatte ich drei Wochen in Schweden verbracht, wo der Wolf strengstens geschützt war, die Polizei Wolfswilderer mit dem Helikopter verfolgte und Tierschützer im Wald patroullierten. Ich kehrte verwirrt und ob der gesellschaftlichen Spaltung verstört zurück und schrieb eine unwichtige Reportage. Nun, sieben Jahre älter und nur mit dem Hauch einer Ahnung, interessierte mich die Situation in der Schweiz. Ich wollte wissen: Wie steht es um den Herdenschutz am Vorderrhein, wo diesen Sommer alle paar Tage ein Wolf zuschlägt? Und was hat die Situation dort mit der Revision des Jagdgesetzes zu tun?
In der Abstimmung geht es nur vordergründig um Artenschutz. Vielmehr geht es wie nur selten um die Hoheit über den Raum und besonders die Zeit. Es geht darum, wer bestimmt, was gerade jetzt getan werden soll. Und was getan werden müsste, wenn man jetzt die Zeit anhalten könnte. Es geht darum, wer bestimmt, wo was getan werden soll. Und darum, was überall getan werden müsste. Deswegen entzündete sich die Debatte immer wieder am zentralen Instrument des Zusammenlebens von Mensch und Wolf in der Schweiz: dem Herdenschutz. Und deshalb spähten diesen Sommer gerade viele Augen in die Täler zwischen Chur und Andermatt.
Für das Online-Magazin-Republik habe auch ich mich genauer mit dem Konflikt über dem Vorderrhein befasst. Die Recherche mit dem Titel Im Wolfspelz erschien am 5. September, 2020, drei Wochen vor der Abstimmung.
Ebenfalls lesenswert: Ende Juli publizierte die Stiftung KORA einen umfassenden Bericht über den Wolf in der Schweiz. Darin ist auch alles Wichtige zum Herdenschutz zu finden.
Kurz vor der Abstimmung nahm Kurt Marti für den Infosperber einen Aspekt meines Artikels auf und versuchte etwas Licht in die Rissstatistik des Kantons Graubünden zu bringen. Eine erfreuliche Fortsetzung meiner Recherche, obschon diese Zahlen ganz grundsätzlich nicht besonders viel aussagen. Sie können hauptsächlich Kommunikationsbedürfnisse decken und vermögen die komplexe Realität auf den unterschiedlichen Alpen nicht abzubilden.